Geschichte der Stadtbücherei

Von der Nachkriegszeit in das 21. Jahrhundert

Angefangen hat alles in bescheidenen Verhältnissen. Nach einer Initiative der Beratungsstelle München (Vorgängerin der heutigen Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen) gab es 1951 einen Antrag des Stadtrates Josef Matheis zur Einrichtung einer öffentlichen Bücherei. Anlässlich der Eröffnung der Städtischen Volksbücherei (so die damalige Bezeichnung) im Jahre 1953 schrieb der inzwischen zum Bürgermeister gewählte Josef Matheis folgendes Geleitwort: „Mit der Errichtung unserer Städtischen Volksbücherei konnte einem seit langem gehegten Wunsche der Einwohnerschaft entsprochen und eine Lücke im kulturellen Aufgabenbereich der Gemeinde geschlossen werden“.

Den Lesern standen zu Beginn ca. 250 Bücher zur Verfügung. Die Ausleihe erfolgte durch eine Öffnung in der Zimmertür im damaligen Rathaus, dem ehemaligen Hotel „Theresienbad“. Die damalige Leihgebühr betrug pro Buch und Woche 10 Pfennige, Einschreibegebühr 40 Pfennig. 1960 erfolgte der Umzug in das Rathausparterre. Bis zur Fertigstellung des neuen, heutigen Rathauses bezog man vorrübergehend Räume über den Büros der Stadtwerke. Nun wurde die Bücherei eine „Freihand-Bücherei“, d.h. die Leser konnten selbst an die Regale gehen.

Aus der Volksbücherei wird Stadtbücherei

1973 war dann die Eröffnung des neuen Rathauses am Marienplatz und die Umbenennung in „Stadtbücherei“. Die neue Einrichtung war so vorbildlich, dass sogar 40 Bibliotheksschüler aus München zur Besichtigung anreisten. 1973 verfügte die Stadtbücherei über einen Bestand von 6000 Büchern – nach zehn Jahren waren es fast doppelt so viel. Auch die Zahl der Entleihungen ist in dieser Zeit gewachsen: von knapp 12.000 Entleihungen bis 50.000 (1973-1983). Im Jahr 1993 wurde in einer Feststunde das 40-jährige Bestehen der Stadtbücherei, verbunden mit der Ausstellung „Bücher-Bilder“ von Quint Buchholz, würdig begangen. Autorenlesungen werden seit 1983 regelmäßig durchgeführt. Zu Gast waren unter anderem die Schriftsteller Wolfgang Koeppen, Luise Rinser, Carl Oskar Renner und zahlreiche Kinder- und Jugendbuchautoren.

Bibliothekssoftware und „neue Medien“

Eine große Veränderung fand im Jahr 1999 statt: im Mai wurde der Ausleihbetrieb auf EDV umgestellt. Seit dieser Zeit erhielten über 4000 Leser neue Bibliotheksweise im Scheckkartenformat. Seit dem Jahr 2000 wurde zudem das Medienangebot wesentlich erweitert: außer Büchern und Zeitschriften konnten jetzt auch CD-ROMs, Spiele, CDs, Hörbücher und Noten ausgeliehen werden. Im Winter 2001 erfolgten in der Bücherei umfangreiche Renovierungsarbeiten. Ein paar dringend benötigte Quadratmeter Platz sind dabei hinzugekommen, so dass im Mai 2002 zwei öffentliche Internetplätze in Betrieb genommen werden konnten. Außerdem wurde als Leser-Service ein Online-Medienkatalog eingerichtet. Im Oktober 2003 feierte man das 50jährige Bücherei-Jubiläum mit Lesungen und einer Ausstellung mit Kunstobjekten von Kindern und Jugendlichen zum Thema Buch. Beim Tag der offenen Tür standen erstmalig über 200 DVDs zur Ausleihe bereit.

Im Jahr 2006 wurde der Regionalverbund „biblio18“ zusammen mit sechs weiteren Bibliotheken aus Südostbayern gegründet. Ein gemeinsamer Datenpool ermöglicht allen Lesern der beteiligten Bibliotheken per Internet Bestellungen einfach und benutzerfreundlich zu tätigen. Durch mehr Service und einem verbesserten Medienangebot sind die Leser- und Ausleihzahlen von Jahr zu Jahr gestiegen.

Neue Räume für die Stadtbücherei

Im Zusammenhang der Planungen für den Umbau „Rathaus“ wurde von Stadtverwaltung und Stadtrat auch die Standortfrage „Bücherei“ heftig diskutiert. Im Juli 2010 fiel dann im Stadtrat die endgültige Entscheidung zum Rathausneubau (Behnisch Architekten) mit integrierter Stadtbücherei im ersten Stock.

Bereits im Januar 2011 zog die Bücherei ins Übergangsquartier „Heimathaus“ am Asam-Parkplatz. In ca. 100 qm und zwei Containern fand der gesamte Medienbestand seinen Platz – gleichzeitig wurden alle Medien mit RFID-Transpondern versehen und ab Februar 2011 ging der Ausleihbetrieb weiter.

Im März 2012 startete „BiblioLoad“, ein regionaler Onleihe-Verbund zusammen mit vier weiteren Bibliotheken aus Oberbayern. Das Jahr war geprägt von Planungen und Vorbereitungen für die neue Bücherei, ein Großteil der Sachliteratur wurde auf die benutzerfreundliche KIartext-Systematik umgestellt.

Im Oktober ging es zurück zum Marienplatz ins neue Rathaus. Bereits beim Tag der offenen Tür zeigte sich, dass die freundliche, helle Bibliothek der Publikumsmagnet des Rathauses ist. Sie präsentiert sich jetzt auf 600 qm modern und ansprechend, zahlreiche Sitzplätze laden zum Verweilen ein – auch das Lesecafé mit aktuellen Tageszeitungen und Zeitschriften wird gerne aufgesucht. Die Stadtbücherei ist mit modernster Technik ausgestattet, für die Leser stehen Selbstverbuchungsgeräte und Info-PCs bereit, zwei öffentliche Internetplätze/WLAN und ein öffentlicher Kopierer ergänzen das Angebot.

2013: zur Unterstützung der Bibliotheksarbeit wurde am 20.02.2013 der „Förderverein Stadtbücherei Bad Aibling e.V.“ gegründet. Durch bürgerschaftliches Engagement sollen Leseförderung, Seniorenarbeit und Veranstaltungen weiter verstärkt werden.

Auszeichnungen und Ereignisse

Im Jahr 2014 erhält die Bücherei zwei Auszeichnungen: das Gütesiegel „Bibliotheken – Partner der Schulen“ und für engagierte Leseförderung das „Lesezeichen 2014“ in Höhe von 1000,- EUR von der Bayernwerk AG. Highlight bei den 27. Bad Aiblinger Literaturtagen war Fritz Egner, bekannt aus Funk und Fernsehen. Zahlreiche Leseförderaktionen wie „Lesestart 1-2-3“, „Lesen macht stark“ (finanziert mit Bundesmitteln), Frederick-Vorlesestunden, Bilderbuchkinos u.a. begeistern seit vielen Jahren die Aiblinger Familien.

Im Jahr 2015 entstand in der Bahnhofstraße die „Bücherbox“ (ehem. Telefonzelle), eine Initiative des Fördervereins der Stadtbücherei und von Bad Aibling nicht mehr wegzudenken! Ein wunderbares und sehr geschätztes Literaturangebot zum Nulltarif, einfach Bücher einstellen und/oder mitnehmen. Der Förderverein ist auch in den weiteren Jahren sehr aktiv: Bücherflohmärkte, Lesungen, Vorlesen in den Seniorenheimen, bei der AWO und beim Weihnachtsmarkt, Besuch der Blindenhörbücherei in München, Mitwirkung beim Ferienprogramm u.a.

Das attraktive Rathaus mit moderner Bücherei war im Jahr 2017 das Ziel einer Gruppe von Bibliothekaren aus aller Welt, organisiert vom Goethe-Institut München. Zum 30jährigen Bestehen der Bad Aiblinger Literaturtage wurde erstmals ein Schreibwettbewerb für Kinder und Jugendliche im Alter von 10-20 Jahren durchgeführt, ein besonderes Literaturprojekt, das im ganzen Landkreis Rosenheim Beachtung gefunden hat.

In Kooperation mit Bücherei, vhs und Kunstverein und Initiator Michael Stacheder fanden 2018 die ersten Max-Mannheimer-Kulturtage statt. Im September 2019 stand Bad Aibling im Zentrum der Bibliothekswelt: die Landesfachstelle München organisierte in Zusammenarbeit mit der Bücherei eine dreitägige Konferenz zum Thema „Fakten und Vielfalt: Bibliotheken als Orte für Demokratie und Meinungsbildung“.

Die Corona-Jahre und danach

2020 – ein Bibliotheksjahr im Zeichen von Corona und Lockdown: trotz monatelanger Schließung der Bücherei konnte der Ausleihservice mit Abhol- und Medienlieferdiensten und digitaler Ausleihe aufrechterhalten werden. Viele Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, sowie die Bad Aiblinger Literaturtage mussten 2020 ausfallen. Das Lesecafé blieb ab März 2020 das ganze Jahr geschlossen. Auch im Jahr 2021 gab es noch viele Einschränkungen wegen Corona, ab Juni war die Bücherei wieder geöffnet und es fanden zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen statt: 4. Bad Aiblinger Literaturwettbewerb für Kinder und Jugendliche, Sommerferien-Leseclub, Beteiligung am städtischen Ferienprogramm, Bücherflohmärkte und Literaturtage im Herbst.

Gingen während der Pandemie die Ausleihzahlen zurück, so verzeichnete man im Jahr 2022 ständig steigende Leser- und Ausleihzahlen. Im März feierte der Onleihe-Verbund „BiblioLoad“ das 10jährige Bestehen, dazu gab es ein digitales Quiz. Die Bücherei beteiligte sich auch ZAMMA-Kulturfestival, das im Juli 2022 in Bad Aibling stattgefunden hat. Ein neues Projekt startete im Oktober: die „Bibliothek der Dinge“ (Leihen statt kaufen – wer tauscht und teilt, wirft weniger weg!) Gegenstände, die nicht häufig verwendet werden, können in der Bücherei ausgeliehen werden. Im März 2023 wurde das 70jährige Bestehen der Stadtbücherei Bad Aibling gefeiert und die Bücherei erhielt den Bayerischen Bibliothekspreis (Sonderpreis) 2023! Von der Thekenbücherei zur modernen Multimedia-Bibliothek – in 70 Jahren hat sich einiges getan, auch bei Social Media ist die Bücherei aktiv (Facebook + Instagram).

 

Hiltrud Braun

ehem. Leiterin der Stadtbücherei Bad Aibling